908 Seiten. So umfangreich ist das Werk mit dem Titel «Die Flur- und Siedlungsnamen der Amtei Thal-Gäu», das sich der Herkunft und der Bedeutung von mehr als 9000 Flur-, Gewässer- und Siedlungsnamen aus der Amtei Thal-Gäu befasst. In diesem Werk, das mit Bilder und Karten angereichert ist, werden auch ausgefallene Namen wie Gummertli, Hüngeler, Winteri oder Kanada erklärt.

Die vergangenen drei Jahre haben Jacqueline Reber und Beatrice Hofmann mit ihren vier Mitarbeitern ausschliesslich in dieses Projekt investiert, haben unzählige Stunden im Staatsarchiv des Kantons Solothurn verbracht und haben Urbare, Grundbücher, Karten und weitere Quellen nach Namen und deren Herkunft abgesucht.

Das Team hat auch alle Gemeinden der Amtei besucht und Gespräche mit den Bewohnern geführt, da viele Namen ausschliesslich mündlich überliefert sind. Insgesamt wurden mehr als 40'000 handschriftliche, gedruckte, mündliche und kartografische Belege gesammelt.

Flurnamen sind Kulturerbe

Doch wozu der ganze Aufwand? Warum braucht es ein derart umfangreiches Lexikon für Flur- Gewässer- und Siedlungsnamen? Es sind Fragen, die Jacqueline Reber und Beatrice Hofmann immer wieder gestellt werden. «Für viele Leute ist es in der Tat nicht ganz einfach zu verstehen, warum diese Arbeit so wichtig ist, da man Namen nicht anfassen kann», sagt Reber, die seit 2010 als Projektleiterin für die Forschungsstelle Solothurnisches Orts- und Flurnamenbuch arbeitet. «Wir dürfen aber nicht nur historische Bauten und andere materielle Kulturgüter sichern, sondern wir müssen auch die Sprache und Namen bewahren», so Reber.
«Anhand der Flurnamen können wir unter anderem die Siedlungsgeschichte und die Entwicklung der Sprache festhalten.» Beatrice Hofmann ergänzt: «Wir dokumentieren alle Namen und wollen damit dem Verschwinden dieser entgegenwirken.»

Namen wecken Heimatgefühle

Es ist bereits der vierte Band, den die Forschungsstelle Solothurnisches Orts- und Flurnamenbuch herausgibt. Der zweite unter der Leitung von Jacqueline Reber, die in Basel studiert und ihren Doktortitel erworben hat – mit einer Arbeit über Flurnamen im Kanton Solothurn.
Das erste Werk der Serie widmete sich den Solothurnischen Orts- und Bezirksnamen (2003), das zweite befasste sich mit den Flur- und Siedlungsnamen der Amtei Dorneck-Thierstein (2010) und das dritte mit denjenigen der Amtei Olten-Gösgen (2014).
Der vierte Band wurde am Donnerstagabend im Rahmen einer Vernissage an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten vorgestellt. Als Vertreter des Kantons Solothurn, der das Projekt mit dem Nationalfonds finanziell unterstützt hat, war Regierungsrat Roland Fürst zu Gast. «Ich habe Freude an den Flurnamen. Sie wecken Heimatgefühle, denn dort wo man die Flurnamen kennt, fühlt man sich zu Hause», so Fürst in seiner kurzen Ansprache.

Arbeit an weiteren Bänden

In der Folge erzählten Reber und Hofmann von ihrer Arbeit und gaben einige Müsterchen von besonderen Flurnamen zum Besten. So beispielsweise auch das einleitend erwähnte Kanada, das in Welschenrohr liegt. «Dieser Name ist nur mündlich überliefert und ist entstanden, weil das abgelegene Gebiet westlich der Unterholzmatten für die Bewohner von Welschenrohr so abgelegen ist, wie in ihrer Wahrnehmung Kanada», erklärt Hofmann.
Obwohl der vierte Band nun fertiggestellt ist, geht den Forscherinnen und Forschern die Arbeit nicht aus. Denn noch fehlen die Nachschlagewerke zu den Amteien Bucheggberg-Wasseramt und Solothurn-Lebern. «Wir arbeiten bereits an diesen beiden Bänden, wissen aber derzeit noch nicht, welcher zuerst erscheinen wird. Ziel ist es, das Projekt bis im Jahr 2022 abzuschliessen», so Reber.
Hofmann-Wiggenhauser, Beatrice; Reber, Jacqueline (Hrsg.): Die Flur und Siedlungsnamen der Amtei Thal-Gäu.